In Deutschland ist die Anzahl an Organspendern gesunken. Das Glauchauer Klinikum sowie die Gründerinnen einer Selbsthilfegruppe wollen durch ihre Geschichte auf das Thema aufmerksam machen.
Von Tanja GoldbecherGlauchau. Noch ein paar Tage länger auf der Warteliste und sie wäre gestorben. Annett Kießlings Leber hatte versagt, ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide. Die Ärzte setzten sie ganz oben auf die Dringlichkeitsliste von Menschen, die eine neue Leber brauchen. Als ein Organspender gefunden wurde, war sie kaum noch ansprechbar. Ihr Mann musste die Zustimmung geben, das Organ zu transplantieren. Die Operation gelang, Kießling überlebte.
Heute kommt es der Mutter von zwei Kindern so vor, als habe man ihr ein zweites Leben schenkt. Das erste Jahr nach der Transplantation sei zwar sehr schwierig gewesen. "Ich habe viel weniger Kraft als früher und muss mehr aufpassen, dass ich nicht krank werde", sagt die 37-Jährige. Denn die Medikamente, die sie nach der Transplantation nun ihr ganzes Leben einnehmen muss, schwächen ihr Immunsystem.
Doch die Freude, ihre Kinder aufwachsen sehen zu können, überwiegt jegliches körperliches Leiden. Auch der Dank an den Organspender treibt sie an, niemals aufzugeben und für ihr Leben zu kämpfen.
Die Anzahl an Menschen, die in Deutschland nach ihrem Tod Organe spendeten, hat in den vergangenen Jahren abgenommen. Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gab es 2011 bundesweit noch 575 Spender. In diesem Jahr sind bisher nur 412 Menschen Organe entnommen worden. Ein Grund dafür könnte der vor fünf Jahren aufgedeckte Organspende-Skandal sein. In Göttingen, Regensburg, München und Leipzig sollen Mediziner Krankenakten gefälscht haben, um ausgewählte Patienten bevorzugt mit Spenderorganen zu versorgen. Ein immenser Image-Schaden für die Medizin.
Dass die Organtransplantation jedoch ein riesiger medizinischer Fortschritt ist, der vielen Menschen das Leben retten kann, betont der Glauchauer Chefarzt Thomas Frank. Organe würden verstorbenen Menschen zwar nur selten im Glauchauer Krankenhaus entnommen. Er will jedoch generell wieder mehr Aufmerksamkeit auf das Thema lenken. Schließlich warten laut DSO etwa 10.000 schwerkranke Menschen auf eine Transplantation. "Für die Angehörigen ist es oft sehr schwer, nach dem Tod eines geliebten Menschen eine Entscheidung zur Organspende zu treffen", sagt der Arzt. Besser sei es, die betroffenen Personen hätten bereits vorher eine Patientenverfügung oder einen Organspendeausweis ausgefüllt. Organe, die keinesfalls entnommen werden sollen, können darin vermerkt werden. Der Ausweis ist beispielsweise in Apotheken erhältlich.
Für Annett Kießling steht es außer Frage, dass auch sie nach ihrem Tod ihre Organe spenden würde. Als die Zwickauerin Anett Landgraf kennengelernt hat, die ein sehr ähnliches Schicksal erfahren musste, bemerkten beide Frauen, wie gut ihnen der Austausch zu diesem Thema tut. Deshalb gründeten sie in Zwickau eine Selbsthilfegruppe für Lebertransplantierte namens "Neues Leben". Die 24 Mitglieder reisen zum Teil aus dem Vogtland und dem Erzgebirge für die Treffen an, neben Betroffenen nehmen auch Angehörige daran teil. Ein Kontakt zu der Gruppe kann über den Zwickauer Verein "Gesundheit für alle" hergestellt werden.
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