Ein Unternehmen aus Meerane will mit einem speziellen Geruch positive Gefühle in Wartezimmern versprühen. Ab heute wird das Produkt zum ersten Mal auf der Dental-Messe in Köln vorgestellt.
Von Tanja GoldbecherMeerane. Das Kind quengelt auf dem Rücksitz. Die Fahrt von Kroatien nach Deutschland dauert noch Stunden. Jens Reißmann reicht seiner Tochter ein mit Lavendel gefülltes Säckchen. Die restlichen Kilometer herrscht Ruhe. Diese Situation brennt sich in Reißmanns Gedächtnis ein: Der Duft, den die Pflanze versprüht, hat einen beruhigenden Effekt. Wissenschaftliche Studien bestätigen diese Beobachtung.
Als Reißmann Jahre später das Wartezimmer einer Zahnarztpraxis betritt, kommt ihm die Autofahrt wieder in den Sinn. Ein spezieller Duft könnte die Patienten in eine gelassene Stimmung versetzen, noch bevor der Bohrer überhaupt in Sicht ist. Gerüche sind zu diesem Zeitpunkt längst zu seinem Spezialgebiet geworden. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner hat er das Unternehmen Reima Air Concept in Meerane aufgebaut, das Raumdüfte in 80 Länder der Welt liefert. Der Anti-Angst-Duft ist Reißmanns neueste Entwicklung. In dieser Woche stellt der Parfümeur das Produkt zum ersten Mal bei der Internationalen Dental-Schau in Köln vor.
Reißmann hat lange im Labor mit ätherischen Ölen experimentiert, bei denen eine angstmildernde Wirkung nachgewiesen ist. Dazu zählen neben Lavendel zum Beispiel Orange, Melisse, Kamille und Bergamotte. "Nicht die Zutaten, sondern ihre jeweilige Menge ist entscheidend", sagt der Parfümeur. Das Ergebnis heißt Ferox, was auf Deutsch ohne Furcht bedeutet. Die Patienten sollen gar nicht merken, wie ihnen die Angst schwindet. "Ein guter Raumduft muss kaum wahrnehmbar sein", sagt Reißmann. Bereits beim Betreten eines Zimmers stelle sich unterbewusst ein Gefühl ein: Wo es gut riecht, halten sich Menschen lieber auf und sind entspannter.
Dass es auf solche Details ankommt, bestätigt die Glauchauer Zahnärztin Katrin Flemming, die auch Angstpatienten in ihrer Praxis behandelt. "Eine angenehme Atmosphäre ist entscheidend", sagt Flemming. So stelle sie zum Beispiel Kerzen auf und zeige Videos während der Behandlung. Duftkerzen verwende sie ebenfalls - denn bestimmte Medikamente können einen starken Geruch verbreiten.
Das Meeraner Unternehmen konzentriert sich aber nicht nur auf Arztpraxen. Das Gros der Arbeit entsteht durch Firmen, die mit einem exklusiven Raumduft beispielsweise in einem Modegeschäft auf einen Wiedererkennungseffekt hoffen. Die Entwicklung geht jedoch noch einen Schritt weiter. Auf der Messe stellt die Duftmanufaktur einen neuen Bildschirm vor, der Bilder oder Videos zeigt und zugleich den passenden Geruch versprüht. Bildet eine Konditorei zum Beispiel einen Käsekuchen ab, strömt ein süßlicher Duft aus dem Gerät.
"Riechen ist der Sinn, den man nicht beeinflussen kann", sagt Reißmann. Diesen Vorteil würde - vor allem in Zeiten des Onlinehandels - auch die Industrie immer häufiger erkennen.
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