Immer mehr Menschen verzichten auf tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eier. Nun entdeckt auch der Handel diese lukrative Zielgruppe und lässt das Geschäft weiter wachsen.
Zwei Scheiben Brot, eine Scheibe Käse dazwischen - fertig ist die
kleine Mahlzeit für unterwegs. Es handelt sich aber nicht um löchrigen
Tilsiter, mit dem Ute Hehn ihre Brote belegt, sondern um ein veganes
Ersatzprodukt. "Es schmeckt schon anders als echter Käse", sagt die
31-Jährige. Für Ute Hehn ist das aber auch nicht wichtig: Seit zwei
Jahren sind neben Fleisch auch Milch, Käse und Joghurt von ihrem
Speiseplan verschwunden.
Das Geschäft mit veganen Produkten boomt. 2012 stieg der Umsatz dieser
Lebensmittel um mehr als 19 Prozent auf rund 232 Millionen Euro. Diesen
Wert ermittelte das Marktforschungsunternehmen Biovista. Der Trend setzt
sich fort: Der Umsatz von Soja-, Reis- und Hafermilch ist in den ersten
sechs Monaten dieses Jahres um rund 33 Prozent gestiegen. Auch Tofu
verzeichnet eine Steigerung von über 20 Prozent. Trotzdem fristet vegane
Ernährung noch ein Nischendasein. Zum Vergleich: Der
Gesamtlebensmittelumsatz liegt laut dem Bundesverband des Deutschen
Lebensmittelhandels bei mehr als 100 Milliarden Euro. Jedoch greifen
immer mehr Menschen zu veganen Produkten. Der Vegetarierbund Deutschland
geht davon aus, dass sich rund 7 Millionen Menschen in Deutschland
vegetarisch und 1,2 Millionen vegan ernähren.
Ernährung wird bereichert
Ute Hehn lebt mit ihrer Familie in Chemnitz. Viele Lebensmittel kauft
sie in dem veganen Laden in der Würzburger Straße ein. Dort findet sie
vegane Produkte, die gleichzeitig bio sind. "Das ist meine Art zu
zeigen, dass wir in dieser Gesellschaft nicht fair mit Tieren umgehen",
sagt Hehn. Seitdem sie 17 Jahre alt ist, verzichtet sie auf Fleisch.
Später kam sie zu dem Schluss, dass sie generell keine Produkte von
Tieren mehr essen möchte. "Für mich ist das kein Verzicht, sondern
einfach eine andere Einstellung zum Essen", sagt Hehn. Im Gegenteil:
Vegane Ernährung ist für ihre Familie eine Bereicherung, weil sie viele
Gerichte ausprobiert und kreativ tierische Produkte ersetzt. Ute Hehn
freut sich, dass der Handel mit immer mehr Variation vegane Lebensmittel
anbietet. Denn auch herkömmliche Supermärkte erweitern ihr Sortiment.
"Generell beobachten wir in den vergangenen Jahren eine stetig wachsende
Nachfrage nach vegetarischen und veganen Produkten", sagt Gernot Kasel,
Sprecher der Supermarktkette Edeka. Dieser Trend sei besonders stark in
städtischen Regionen zu beobachten. In Leipzig soll in diesem Monat
noch die vegane Supermarktkette Veganz eine Filiale eröffnen. In Berlin,
Frankfurt am Main und Hamburg gibt es bereits Läden dieses
Unternehmens. In Dresden bieten zwei Restaurants ausschließlich vegane
Menus an. Auch die Anzahl der Bio-Fachhandel in Deutschland steigt
stetig.
Mangelhafte Etiketten
Die Verbraucherzentrale Hamburg hat 20 vegane Lebensmittel getestet.
Darunter waren vor allem Tofuwürstchen, Käsealternativen und
Sojagetränke. Wenn tierische Produkte nachgeahmt werden, müssen oft mehr
Zusatzstoffe oder Aromen verwendet werden. "Häufig enthalten vegane
Produkte zu viel Fett, gesättigte Fettsäuren und Salz", sagt Silvia
Melde, Ernährungsberaterin der Verbraucherzentrale in Sachsen. Sie
kritisiert, dass Nährwertangaben auf vielen Produkten lückenhaft sind.
Die vollständige Angabe wird ab 2016 Pflicht.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass es kein einheitliches
staatliches Label für vegane und vegetarische Lebensmittel gibt. "Die
Hersteller kreieren teilweise ihr eigenes Logo mit eigenen Richtlinien,
was die Kennzeichnung sehr unübersichtlich macht," sagt Melde. Sie
ermutigt Verbraucher, direkt beim Hersteller nachzufragen, wenn
Informationen zu den Produkten fehlen. Hinzu kommen Schwierigkeiten bei
der Datenerfassung: Manche Händler deklarieren Produkte ihres Sortiments
als vegan, die nicht speziell für eine vegane Ernährung produziert
wurden. Wasser ist beispielsweise vegan, sollte aber nicht dazu-gezählt
werden. Auch für eine verbesserte Marktforschung wäre ein einheitliches
Label von Vorteil.
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