Tuesday, 27 January 2015

Kaum noch Särge in der Erde

Urnengemeinschaftsgrab in Flöha. Foto: T. Goldbecher
Die meisten Menschen werden in Flöha in einer Urne bestattet. Das schafft Freiraum auf dem Friedhof, zieht aber inzwischen auch einen Wandel der Begräbniskultur nach sich.


Gelbe Rosen und Tulpen stecken in der dunkelgrünen Vase aus Plastik. Monika Leonhardt drückt sie noch ein Stück tiefer in die gefrorene Erde. Der Todestag ihrer Mutter liegt nicht lange zurück. Jede Woche besucht sie die Erdgrabstätte ihrer Eltern. "Für mich ist das ein Bedürfnis, regelmäßig hierherzukommen", sagt die 67-Jährige.

Erdgräber wie das der Eltern von Monika Leonhardt werden immer seltener auf dem Friedhof an der Dresdener Straße in Flöha. Denn bei 90 Prozent der rund 70 Bestattungen pro Jahr werden Urnen in die Erde gelassen. Der Friedhofsverwalter Lothar Ullmann beobachtet seit 35 Jahren diese Entwicklung. 1980 seien noch 40 Prozent der Gräber mit Särgen versehen worden. Er zeigt auf eine freie Wiese zwischen den Bäumen: "Als ich in den 1980er-Jahren hier angefangen habe, waren alle Plätze mit individuellen Gräbern belegt." 1981 wurde das erste Urnengemeinschaftsgrab angelegt: Unter dem Rasen verbergen sich nebeneinander mehrere Urnen. In drei rote Steine sind die Namen der Verstorbenen eingraviert. Der genaue Ort, wo eine Urne liegt, ist nicht markiert.
Auch für Monika Leonhardt steht fest: "Ich werde mich in einem Gemeinschaftsgrab beerdigen lassen." Sie möchte ihre Kinder nicht mit der Grabpflege belasten. Blumen pflanzen, Unkraut jäten und das Laub einsammeln: Pro Jahr gibt die 67-Jährige 100 Euro für die Pflege des Erdgrabes aus. An diesem fröstelnden Januartag überquert noch ein Ehepaar mit Blumen die schmalen Wege zwischen den Grabsteinen. "Früher sind manche Leute jeden Tag gekommen", sagt Lothar Ullmann. Heute würden weitaus weniger Menschen regelmäßig die Gräber ihrer Angehörigen pflegen.
Neues Urnengrab wird angelegt. Foto: T. Goldbecher
Den Trend zu Feuerbestattungen und Urnengemeinschaftsgräbern bestätigt auch Andreas Morgenstern. Sein Bestattungsunternehmen begleitet Angehörige unter anderem in Oederan und Chemnitz. "Viele Menschen wollen ihre Angehörigen nicht mit der Grabpflege belasten", sagt Morgenstern. Auch die Kosten spielten eine Rolle: Das Urnengrabgemeinschaftsgrab sei zwar im ersten Moment teurer, dafür entfällt die langjährige Grabpflege. Er bestärkt die Menschen darin, schon früh festzugelegen, wie sie beerdigt werden wollen. Auch die Bestattungskosten könne man vorsorglich anlegen. "Die Menschen, die sich schon vorher über ihren Tod Gedanken machen, sind oft die lebensbejahendsten", sagt Morgenstern.
Auch ein Friedwald, wie zum ersten Mal in Sachsen in Bennewitz bei Leipzig genehmigt, stößt bei vielen Mittelsachsen auf Interesse. Eine generelle Liberalisierung des Bestattungsrechts wie in Bremen ist in Sachsen derzeit nicht geplant. Dort darf seit diesem Jahr die Asche Verstorbener mit nach Hause genommen werden. "Ich glaube nicht, dass es eine derartige Gesetzesänderung in Sachsen geben wird", sagt Morgenstern, der auch Vorstandsmitglied der Landesinnung der Bestatter ist. Die Friedhöfe veränderten sich trotzdem. Zum einen fehle ein Teil der Gebühren für die Pflege. Als zweiten Punkt führt Friedhofsverwalter Ullmann an: "Der Friedhof verliert zunehmend seinen typischen Charakter." Die grünen Wiesen würden immer lichter.

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