Das Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der EU ist einer der
größten Wirtschaftsdeals aller Zeiten. Die Chancen und Risiken aus
amerikanischer Sicht.
Das Europaviertel in Brüssel. Fotos: Tanja Goldbecher |
„Die Amerikaner sehen überhaupt kein Problem in dem Abkommen“, sagt Peter Chase. Denn Amerikaner und Europäer würden – trotz der NSA-Spähaffäre – immer noch die gleichen Werte teilen. „Uns geht es darum, eine faire Handelsbeziehung mit der EU aufzubauen, von der beide Seiten profitieren“, fügt der 57-Jährige hinzu. Beide Handelspartner wollen durch das Abkommen neue Märkte für die eigene Industrie erschließen. Zölle sollen abgebaut werden, damit die Wirtschaft wächst und neue Arbeitsplätze entstehen – zumindest in der wirtschaftsliberalen Theorie. Eine optimistische Studie der Europäischen Kommission geht von einem Anstieg der Wirtschaftsleistung in der EU um 0,5 Prozent und in den USA um 0,4 Prozent aus. Diese Effekte sollen sich aber erst im Jahr 2017 bemerkbar machen. Zum Vergleich: 2013 ist die amerikanische Wirtschaft um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen. Chase verspricht sich von TTIP, dass Unternehmen ihre globale Wettbewerbsfähigkeit steigern. „In den USA haben wir heute viele neue Mikrobrauereien, die ohne Zölle zu bezahlen, ihre ausgezeichneten Waren deutschen Kunden anbieten könnten“, sagt Chase. Die europäischen Bierbrauer damit würden mehr Konkurrenz bekommen.
Der Lobbyist Peter Chase, Foto: PF |
In vielen Verhandlungspunkten herrscht derzeit noch Uneinigkeit zwischen den USA und der EU. Ein Beispiel dafür sind die Ilo-Kernarbeitsnormen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert, dass die US-Amerikaner diese Normen annehmen. Das Recht auf kollektiv verhandelte Tarifverträge ist beispielsweise eine der acht Normen. Arbeitnehmer, die in Europa oder den USA arbeiten, sollen damit die gleichen Rechte erhalten. „Die Vereinigten Staaten haben bereits einige der Ilo-Konventionen unterzeichnet“, sagt Peter Chase. „Sie werden aber wegen TTIP nicht alle unterschreiben.“ Die USA haben bisher zwei Ilo-Normen ratifiziert: Die Abschaffung der Zwangsarbeit als Disziplinarmaßnahme und die Abschaffung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit wie die Beschäftigung von Kindern als Soldaten. Viele Amerikaner bangen zudem um ihre Arbeitsplätze. Denn das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) von 1994 zwischen den USA, Kanada und Mexiko hatte große Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Laut einer Untersuchung des Washingtoner Wirtschaftsinstituts führte das Abkommen in den ersten zwölf Jahren zu einem Verlust von einer Million Arbeitsplätze und starken Lohnsenkungen in den USA.
Ein zweiter Streitpunkt – und mit Sicherheit der größte – ist das Kapitel zum Investitionsschutz. Ausländische Unternehmen können damit Regierungen vor internationalen Schiedsgerichten verklagen. Den ersten bilateralen Investitionsvertrag haben Deutschland und Pakistan 1959 geschlossen. Deutschland hat mittlerweile 130 solcher Verträge unterzeichnet. Dass die Öffentlichkeit erst jetzt über den Investitionsschutz diskutiert, könnte an der gestiegen Fallzahl und an aufsehenerregenden Fällen liegen. Einer ist beispielsweise die Klage des amerikanischen Tabakriesen Phillip Morris gegen Australien. Die australische Regierung hat ein Gesetz verabschiedet, dass Markenlogos auf Zigarettenpackungen verbietet.
Das EU-Parlament muss über das Freihandelsabkommen abstimmen. |
Diese Woche beginnt die siebte Verhandlungsrunde von TTIP. Dokumente, die genaue Forderungen beider Seiten offenlegen, sind immer noch nicht öffentlich zugänglich. Die Europäische Kommission verweist darauf, dass die Amerikaner ihre Verhandlungstexte nicht veröffentlichen wollen. Peter Chase sagt dazu: „Das stimmt, aber die Verhandlungsvorlagen zum Investitionsschutz der USA können online abgerufen werden.“ Es handelt sich dabei lediglich um Vorlagen – was genau verhandelt wird, weiß die amerikanische Bevölkerung nicht.
Business in Bussels - am Verkehr merkt man das. |
Jeden Tag trifft Peter Chase Regierungsvertreter, Unternehmenssprecher und Stiftungsmitglieder, um über TTIP zu diskutieren. „Die europäischen Verhandlungspartner sind extrem gut.“ Für ihn spiele es keine Rolle, ob er mit Chinesen, Deutschen oder Franzosen verhandelt. Seit vier Jahren lebt er in Brüssel. Chase beginnt seine Antworten oft mit den Worten „sehr gute Frage“ und schließt wie aus der Pistole geschossen ein Gegenbeispiel an. Er will das Abkommen voranbringen. „Es ist sehr wichtig, dass sich die amerikanisch-europäische Beziehung weiter intensiviert.“ In Brüssel sei er dafür genau am richtigen
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