Wednesday 25 May 2016

Bettelei: Wenig akzeptiert, aber erlaubt

Immer wieder sitzen Menschen in der Zwickauer Innenstadt, die um Geld bitten. Während sich einige Passanten darüber aufregen, informieren andere Sozialarbeiter.

Von Tanja Goldbecher

Zwickau. Ein junger Mann kniet an einer Ecke an der Hauptstraße. Die Kapuze ist tief ins Gesicht gezogen. Vor ihm steht ein Pappbecher. Als ihm jemand Geld gibt, nickt er dankend. Er versteht weder Deutsch noch Englisch. "Slowakei" ist das einzige Wort, das der Mann sagt. In den folgenden Tagen kniet er immer wieder an verschiedenen Hausecken in Zwickau nieder. Ab und zu sitzt an denselben Plätzen eine Frau.

Grundsätzlich ist das Betteln laut Stadtsprecher Mathias Merz erlaubt. Es gibt jedoch Fälle, in denen das Ordnungsamt einschreiten müsse. Diese sind in der Polizeiverordnung festgehalten. Dort heißt es, dass aggressives Betteln verboten ist. Das trifft zu, wenn ein Bettler Passanten den Weg versperrt, sie beschimpft oder festzuhalten versucht. Auch betrunkene Bettler und jene, die im öffentlichen Raum urinieren, können des Platzes verwiesen werden. Die Polizei wird dann alarmiert, wenn das zuständige Ordnungsamt nicht erreichbar ist oder größere Schwierigkeiten zu erwarten sind. "Erfahrungsgemäß ist das für uns in der Vergangenheit aber kein massives Problem gewesen", sagt die Polizeisprecherin Anett Münster.

Gegen stilles Sitzen kann nicht vorgegangen werden. Vielen sind solche Bettler in der Stadt trotzdem ein Dorn im Auge. "Ich habe selbst nur eine geringe Rente", beschwert sich zum Beispiel eine ältere Frau. Laut dem Zwickauer Streetworker Elfried Börner berichten Bettler häufig davon, verächtlich angeschaut, bespuckt und beschimpft zu werden. "Dabei sind Leute, die betteln, meist wirklich arm dran im Leben", sagt Börner. Er hat beobachtet, dass es drei Gruppen gibt: Jene, die wirklich arm sind, jene, die - oft in Form von Banden - damit ein Geschäft betreiben, und jene, die daraus eine Art Philosophie entwickelt haben. Menschen, die auf diese Weise Geld verdienen wollen, seien jedoch in der Minderheit. Unter den Personen, die daraus eine Philosophie entwickelt haben, sind zum Teil Obdachlose. So haben Sozialarbeiter zum Beispiel einem älteren Mann, der ab und zu vor dem ehemaligen Kaufhaus Joh übernachtet und in der Innenstadt still bettelt, mehrmals Hilfe angeboten. Auch mit einem anderen obdachlosen Mann, der Passanten häufig direkt nach Geld fragt, stehen sie in Kontakt. Einer von beiden besucht zum Beispiel oft den Tagestreff für Obdachlose an der Römerstraße. Im Prinzip aber kann man nur helfen, wenn der Betroffene seine Situation selbst ändern will.

Laut Petro Richter von der Wohnungslosenhilfe leben in Zwickau etwa 300 Menschen ohne festen Wohnsitz. Die wenigsten davon betteln im öffentlichen Raum. "Bei manchen ist das Geld am Ende des Monats einfach knapp", sagt Richter. Dann würden sie Geld für Essen, vielleicht auch ihre Sucht, benötigen. Bargeld zu geben, helfe da zwar im ersten Moment, langfristig müsse sich jedoch die gesamte Lebenssituation ändern. "Jede Woche rufen Bürger bei uns an, die auf solche Menschen aufmerksam machen", sagt Richter. Das sei bereits eine große Hilfe und wesentlich besser, als die Bettler völlig zu ignorieren.

Die Obdachlosenhilfe ist unter der Nummer 0375 5019110 zu erreichen.

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