Monday 31 August 2015

Radwerkstatt: Flüchtlinge werden mobil

Michael Trommer repariert Räder für die Asylbewerber, die an der Äußeren Dresdner Straße untergebracht sind. Der Weg ins Zentrum bleibt trotzdem gefährlich.  

Zwickau - Im Keller nimmt er sich ein Rad nach dem anderen vor. Michael Trommer repariert die Bremse, danach ist das Licht dran. Das Werkzeug hat der großgewachsene Mann mitgebracht. Etwa 20 Fahrräder brachte der 27-Jährige bereits ehrenamtlich für die Asylbewerber, die an der Äußeren Dresdner Straße wohnen, in Schuss. 119 Menschen sind dort derzeit untergebracht.
Gemeinsam tüfteln

Trommer arbeitet als Fahrradmechaniker beim Zweirad Haus in Zwickau. Freunde hatten ihn gefragt, ob er für Flüchtlinge auch ein paar Fahrräder ehrenamtlich reparieren würde. Seit Anfang Juli ist Michael Trommer fünfmal zu den Asylbewerbern am Stadtrand gefahren. Drei bis vier Stunden tüftelt er dann an den Rädern, die alle von Bürgern gespendet wurden. Die Kosten für die Ersatzteile übernimmt der Träger des Wohnprojektes, die Stadtmission Zwickau. „Ich schaue, dass die Fahrradteile nicht zu viel Geld kosten“, sagt der 27-Jährige. Ein Helfer aus Ortmannsdorf hat sich ihm bereits angeschlossen. Außerdem schraubte ein syrischer Medizinstudent mit ihm an den Fahrrädern. Untereinander verständigten sie sich auf Englisch. „Er hat auch alles gut begriffen“, sagt Trommer. Der gebürtige Mülsener wünscht sich aber noch mehr Interaktion mit den Bewohnern. „Das sind genauso Leute wie wir“, fügt er hinzu.

In dieser Woche sind die reparierten Räder mit einem kurzen Verkehrstraining an die Flüchtlinge verteilt worden. 5 bis 20 Euro kostet ein Rad. „Wir verlangen einen Preis, damit die Flüchtlinge die Räder auch wertschätzen und sorgsam mit ihnen umgehen“, sagt Lars-Christian Trommer, Sprecher der Stadtmission, der mit Michael Trommer nicht verwandt ist. Für ihn ist die ehrenamtliche Fahrradwerkstatt ein bereicherndes Projekt: „Die Flüchtlinge werden mobil, der Transport kostet sie nichts und sie bleiben gesund.“

Jetzt rollen die Fahrräder zwar auf dem Asphalt. Jedoch sind nicht alle Probleme gelöst. Der Standort des Wohnprojektes an der B 173 hat die Betreuer von Anfang an vor Schwierigkeiten gestellt. Denn für manche Behördengänge und Arztbesuche müssen die Asylbewerber in die Innenstadt gelangen. Auf der zweispurigen Bundesstraße ist jedoch weder ein Fuß- noch ein Radweg vorhanden. Der unpraktischen Lage des Standorts war sich auch der Kreistag im April dieses Jahres bewusst, als der Mietvertrag für das Objekt beschlossen wurde. „Wir müssen Lösungen suchen, die kurzfristig verfügbar sind – auch, wenn sie nicht ideal sind“, sagte damals Landrat Christoph Scheurer. Der Landkreis verweist nun darauf, dass Busse zwischen Lippoldsruh und Stadt fahren, die genutzt werden können.

Oftmals laufen die Asylbewerber jedoch die rund fünf Kilometer bis zum Zentrum. Manche werden auf der Strecke von Autofahrern mitgenommen. Mit den Rädern können sie den Weg nun wesentlich schneller bewältigen. Die dicht befahrene Straße bleibt aber ein Risiko. Ehrenamtliche wollen regelmäßige Fahrten für Flüchtlinge anbieten. Diese Idee muss aber erst rechtlich geprüft werden, damit keine Konkurrenz für Bus und Taxi entsteht.

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