Monday, 8 June 2015

Ein Blick in die Chemnitzer Loge

Freimaurer reden nicht darüber, was sie bei ihren wöchentlichen Treffen besprechen oder wer daran teilnimmt. Zu ihrem 25-jährigen Jubiläum lässt die Chemnitzer Loge jedoch die Öffentlichkeit rein - ins Vorzimmer.

Chemnitz. In diesen Raum haben Außenstehende eigentlich keinen Zutritt. Vor allem keine Frauen. Die Wände des Vorzimmers sind blau gestrichen. Sprüche von Voltaire und Goethe stehen an der Wand. Auf einem Gemälde sind die Symbole der Freimaurerei, Winkel und Zirkel, abgebildet. Zwei Flügeltüren am Ende des Raumes führen zum Tempel der Chemnitzer Loge zur Harmonie. Dort führen die Freimaurer rituelle Wechselgespräche in Smoking und Zylinder.



An diesem Abend bleibt der Tempel jedoch geschlossen. Stattdessen nehmen die Freimaurer in Alltagskleidung an einer langen Tafel in einem Nebenzimmer Platz. Einmal im Monat findet dort ein Gästeabend statt. So können sich neue Anwärter der Bruderschaft durch Gespräche und Vorträge mit der Freimaurerei vertraut machen. Wer an diesen Treffen teilnimmt und worüber die Mitglieder diskutieren, soll geheim bleiben. Es ist ein Grund dafür, warum die Spekulationen um die Freimaurerei nicht abreißen. In diesem Jahr lässt die Loge jedoch eine etwas größere Öffentlichkeit in das Vorzimmer hinein. Denn sie feiert ihr 25-jähriges Bestehen nach der Wiedergründung im Oktober 1990.

Aus dem Anlass treffen sich im November die Vorsitzenden der sächsischen Logen, sogenannte Meister vom Stuhl, in Chemnitz. "Wir sind eine Gruppe Gleichgesinnter, die sich frei über ihre Meinungen austauscht", sagt Sebastian S., der Meister vom Stuhl von der Loge zur Harmonie. Er möchte nicht, dass sein voller Name genannt wird. So steht es generell jedem Freimaurer frei, seine Mitgliedschaft geheim zu halten oder offen zu zeigen. Freimaurer selbst können sich anhand bestimmter Symbole erkennen.

32 Mitglieder zwischen 34 und 85 Jahren zählt die Loge zurzeit. Zwischen den beiden Weltkriegen lag die Anzahl bei über 500 Männern in der Loge zur Harmonie. "Damals hatten die Freimaurer eine große Bedeutung für die städtische Bürgergesellschaft", sagt der Chemnitzer Historiker Volker Knüpfer. So gründeten sie Vereine und Stiftungen. Die Nationalsozialisten haben die Loge 1933 verboten. In der DDR wurde eine Neugründung unterbunden. "Der Staat hat sie damals als Instrument der Bourgeoisie angesehen", sagt Knüpfer. Das sollte sich erst nach der Wende wieder ändern. "Heute hat die Freimaurerei eher eine geringere Bedeutung", sagt Alexander Klein, der Koordinator des Netzwerks Freimaurerforschung. Das liege vor allem an der gesunkenen Mitgliederanzahl.

Die Loge zur Harmonie würde gern wieder ein paar mehr Freimaurer gewinnen. Die Voraussetzungen an neue Brüder scheinen auf den ersten Blick recht simpel zu sein: Sie müssen die fünf Grundideale der Freimaurer - Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität - achten. Der Beruf spielt keine Rolle, solange die Anwärter fest im Leben stehen. So sind Professoren, Anwälte, Elektriker und Techniker in dem Bund aktiv. Wer nach ein bis zwei Jahren von der Gruppe als geeignet empfunden wird, kann der Loge beitreten. Dann beginnt die Hauptaufgabe der Freimaurer: die Arbeit an sich selbst, um einer besseren Welt zu dienen. Dafür durchlaufen sie drei Grade vom Lehrling bis zum Meister. "Freimaurer schließen einen Bund fürs Leben", sagt Sebastian S. Frauen bleiben ausgeschlossen. "Männer verhalten sich einfach anders, wenn Frauen dabei sind", sagt der Vorsitzende. Schließlich gebe es auch Vereinigungen, die Frauen vorbehalten sind, wie die Soroptimisten, eine Organisation für berufstätige Frauen.

Ein freimaurerischer Vorsatz lautet: Tue Gutes und rede nicht darüber. Um trotzdem nach außen wirksam zu werden, hat die Loge die André-Gesellschaft gegründet. Sie ist nach dem ehemaligen Mitglied Wilhelm André, dem ersten Chemnitzer Oberbürgermeister, benannt. Die Gesellschaft spendet beispielsweise für Kirchen, übernimmt Baumpatenschaften und unterstützt den Tierpark. Dass ihr Einfluss in heutiger Zeit begrenzt ist, wissen auch die Chemnitzer Freimaurer. Ihnen geht es darum, sich mit anderen auszutauschen und die alten Rituale zu pflegen.

Die Jubiläumsfeier findet am 7. November in der Chemnitzer Loge zur Harmonie an der Südbahnstraße 8 statt.

No comments:

Post a Comment