Wednesday 25 April 2018

Glückspilz gewinnt Reise - Doch er tritt sie nicht an

Heiko Nitschke lässt nicht locker: Immer wieder beteiligt sich der 54-Jährige an Ratespielen im Radio oder im Fernsehen. Was treibt ihn an, und wo liegt die Grenze zur Sucht?

Von Tanja Goldbecher

Meerane/Glauchau. Es ist fünf Uhr morgens. Heiko Nitschkes Nachtschicht dauert noch genau zwei Stunden. Der Wachmann dreht das Radio ein wenig lauter. Wie jeden Morgen hört er einer Quiz-Sendung zu. Dieses Mal sollen die Zuhörer einen bestimmten Ort in Sachsen erraten. Als Tipp geben die Moderatoren den Petersdom in Rom an. Der Meeraner sucht im Internet nach einem ähnlichen Dom in Sachsen. Kurz nach dem Schichtwechsel setzt sich der 54-Jährige ins Auto und fährt nach Meißen. Er hat recht: Der Meißner Dom ist die Lösung. Nitschke gewinnt eine Reise nach Rom. Doch der Meeraner verreist überhaupt nicht gern. Probleme mit dem Herzen gepaart mit einer Flugangst halten ihn davon ab. Deshalb verschenkt er den Gewinn an seine 75-jährige Mutter und seine Partnerin. "Ich freue mich riesig, dass ich meinen zwei Liebsten damit eine Freude machen kann", sagt er. Beide Frauen seien noch nie für einen Urlaub ins Ausland geflogen.

Für Nitschke ist es aber längst nicht das erste Mal, dass er bei Gewinnspielen ein glückliches Händchen beweist. VIP-Tickets für die Verleihung der "Goldenen Henne" in Leipzig, Karten für ein Spiel des FC Erzgebirge Aue und Sitzplätze für eine Vorstellung auf der Greifenstein-Bühne hat er bereits ergattert. In eine Sucht arte sein Spielverhalten jedoch nicht aus.

Laut der Bundesagentur für gesundheitliche Aufklärung liegt der Anteil an Menschen, die in Deutschland nach Glücksspielen süchtig sind, bei 0,37 Prozent. Diese Anzahl bleibt im Jahresvergleich stabil. Vor allem Männer sind gefährdet, sich in den Gewinnversprechen der Anbieter zu verlieren und immer mehr Geld zu investieren. Obwohl die Anzahl der Süchtigen nicht gestiegen ist, verzeichnet die Glücksspielindustrie trotzdem immer höhere Einnahmen. Nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen lag der Gesamtumsatz auf dem deutschen Glücksspiel-Markt 2015 erstmals bei über 40 Milliarden Euro.

Von Spielen, in die man Geld investieren muss, hält sich Heiko Nitschke weitestgehend fern. Er beteiligt sich vor allem an Rätselfragen, die vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angepriesen werden. Und wenn er einmal kein Glück hat, sieht er es trotzdem gelassen. "Im schlimmsten Fall wird man ein bisschen schlauer", sagt der Meeraner.

Denn er kann sich für regionale Sehenswürdigkeiten begeistern. Ein Quiz hat ihn zum Beispiel in das Schmetterlingshaus im erzgebirgischen Jonsdorf geführt. Ein anderes Mal suchte er im Internet sämtliche Fakten zum Schloss Wackerbarth in Radebeul heraus. Aber auch in der Oberlausitz und im Vogtland liebt er es, historische Orte zu entdecken. "In Deutschland gibt es so viele schöne Gegenden, da muss ich nicht bis nach Rom fliegen."

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